Konfival 3.0 - Oktober 2024
Ich sitze auf einem Floß. Meine noch halbwegs trockene Hose kommt dem Wasser gefährlich nahe, Socken und Schuhe sind in weiser Voraussicht an Land geblieben. Das Floß haben wir im Rahmen der Erlebnispädagogik selber gebaut. Es besteht aus Plastiktonnen, Balken, Brettern, Schnüren und Vertrauen. Vertrauen in die Materialien, in die Schnürtechnik, aber auch in meine Mitmenschen, die wie ich, ausgerüstet mit Schwimmwesten und einem Paddel, in See stechen. Zuvor haben wir das Floß gemeinsam selber gebaut, um jetzt das Gesicht in die Herbstsonne halten zu können. Gemeinsam wollen wir mee(h)r sein – für eine Woche (21.10. – 25.10.2024), aber auch gerne danach. Dafür haben wir uns wie letztes Jahr das maritime Jugenddorf „Majuwi“ in Wieck bei Greifswald ausgesucht. Beim Konfival 3.0, ein Kofferwort aus „Konfirmation“ und „Festival“, erlebten wir Gemeinschaft und wie man mit ihr Grenzen sprengen kann – wenn man mee(h)r ist.
Nach einer Anreise mit dem Reisebus ab Britz, bei der gleich ein bisschen Berlin-Sightseeing betrieben werden konnte, starteten wir mit einer Andacht auf dem Ostseegrund.
Nachts ist die Ostsee ruhig. Das Wasser hatte sich etwas zurückgezogen, sodass wir den Strand verlassen konnten. Bei unserer ersten Abendandacht standen wir im Bodden, vollständig umhüllt von Dunkelheit. Über den Bodden hinweg sah man einen einsamen Funkmast blinken, ab und zu tanzten Autoscheinwerfer über den Horizont. Wenn man die eigenen Füße in der Dunkelheit nicht mehr sehen kann, dann wird man Teil von etwas Größerem. Und dennoch waren wir nicht alleine, sondern mee(h)r. Der Bodden war als Ort unserer Andacht von Kerzenlicht erhellt, ein paar schwammen sogar auf dem Wasser. Wir alle waren Teil der Gruppe und trugen die gleichen LED-Armbänder. Über das stimmungsvolle Licht dieser waren wir alle verbunden und gemeinsam mehr.
Tag 2 läutete die Phase der Workshops ein. Nach einer gemeinsamen Morgenandacht probierten wir uns in verschiedenen Workshops aus. Es wurden Armbänder gestaltet, T-Shirts waren Leinwände unserer Kreativität, die Regisseure von morgen probierten sich in Stop-Motion-Filmen aus, der Soundtrack dazu konnte ebenfalls direkt vor Ort produziert werden und Meer gab es unter anderem in der maritim angehauchten Legowelt und beim Bau der Mini-flöße. Wir schlossen den Tag mit einer Andacht in Eldena, einer majestätischen Klosterruine, die vor uns bereits den Maler Casper David Friedrich faszinierte. Der Weg dahin konnte nach Belieben individuell gruselig gestaltet werden.
Am Mittwoch, Tag 3, erforschten wir im Empowerment-Workshop, wie wir mee(h)r sein können als andere uns und unserer Geschlechterrolle zutrauen und bauten anschließend in bunten Kleingruppen im Rahmen der Erlebnispädagogik die Flöße. Auf die Ostsee ging es zwar nicht, die Seetauglichkeit wurde dennoch gebührend auf einem See etwas außerhalb von Greifswald getestet und bestätigt. Am Abend mussten die Teamer:innen ran: bei „Schlag den Ehrenamtlichen“ mussten sie sich in mehreren Kategorien den Künsten und dem Können der Konfirmanden stellen, konnten am Ende jedoch mit 28:13 für die Teamer einen haushohen Sieg einfahren. Die Revanche kommt bestimmt.
Am Morgen des vierten Tages wurden wir mit einer dichten Nebelbrühe vor dem Fenster begrüßt, die im Laufe des Tages noch von der Sonne vertrieben werden konnte. Es gab einen weiteren Workshopteil – diesmal arbeiteten wir jedoch an einem gemeinsamen Ziel: nachmittags wurde ein Taufgottesdienst beziehungsweise ein Taufteasergottesdienst gefeiert. Wir zogen das Schickste an, was unsere Koffer und Taschen hergaben. Gemeinsam erinnerten wir uns an unsere Taufen. Viele teilten ihre Taufgeschichten und die Vorfreude derjenigen, die noch getauft werden, stieg. Der fulminante Abschluss des Gottesdiensts war ein geschmücktes Agape-Mahl. Die Stimmung war energetisch, die normalerweise tristen Mensatische mithilfe von blauen Tüchern verwandelt in reißende Ströme, auf denen sich tapfer Schiffe und Boote aus dem Legoworkshop hielten. Kleine geschliffene Glassteine in verschiedenen Blautönen brachen das Licht und ließen das Tischmeer schimmern und funkeln. Unsere Musik brauste wie die Wellen im Bodden hinter dem Deich durch die Mensa, gefolgt von dem sanften Raunen unserer angeregten Gespräche. Wir krönten unsere Fahrt mit einer Disco, die die Bude beben ließ. Unzählige alkoholfreie Getränke gingen über die Bar, die Stimmung war ausgelassen und die Temperatur stieg. Abgeschlossen wurde die Party mit einem der Stimmung angepassten DJ-Segen, bevor es am nächsten Morgen schon wieder in Richtung Berlin ging.
Für eine Woche waren wir in Gemeinschaft mee(h)r. Mehr Spaß, mehr Gelächter und Witze, mehr tiefgründige Gedanken, mehr Licht, mehr Musik, mehr Talente, mehr wache Stunden und nicht zuletzt mehr Meer.
- Carina Ohm
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